Die EU-Kommission startet einen neuen Anlauf zur Vereinheitlichung der Ladekabel für Smartphone und Tablets. Dabei verweist sie unter anderem auf die Reduzierung von Elektroschrott, die diese Maßnahme mit sich bringen würde. Doch mehr noch als der Umweltschutz profitiert der Nutzer von einer Vereinheitlichung. Diese ist im Prinzip schon gelebter Standard, nur einer schert weiterhin aus.
Vor zehn Jahren noch kochte jeder Hersteller von Handys sein eigenes Süppchen: Ob nun Nokia, LG, Motorola oder Siemens, je nach Modell mussten herstellereigene Ladegeräte und -kabel verwendet werden, mit unterschiedlichsten Spannungen und Steckerarten. Schlimmer noch: Auch innerhalb eines Herstellers änderten sich die Kabel immer mal wieder, wie das Beispiel Nokia zeigt. Dann kam die EU und setzte per Gesetz durch: Nur noch ein Ladekabel für alle Hersteller! Für alle? Nein, denn ein kleiner Konzern mit dem angebissenen Apfel wehrte sich standhaft gegen die große EU. Doch nun könnte auch dies bald Geschichte sein.
Es herrscht nahezu Harmonie. Wer sich ein neues Smartphone kauft, kann darauf bauen, dass das alte Ladekabel weiter funktioniert. Zum Einsatz kommt stets der Micro-USB-Anschluss oder neuerdings auch USB-C. Doch auch hier legen die Hersteller in der Regel Adapter bei, um mit dem alten System kompatibel zu bleiben. Doch Apple setzt munter weiter auf proprietäre Systeme, wechselt auch zwischen Modellreihen den Anschluss. Mittlerweile kommt ein so genanntes „Lightning“-Kabel zum Einsatz. Will ein Drittanbieter ein solches Ladekabel bauen, muss er entsprechende Lizenzgebühren an Apple abführen.
Anders bei Micro USB und USB C. Diese Kabel kann jeder bauen, ohne dafür zusätzlich zu bezahlen. Das merkt der Kunde vor allem im Geldbeutel: Während solche Kabel teilweise unter einem Euro angeboten werden, müssen für zertifizierte Lightning-Kabel mehrere Euro hingelegt werden. Einen Adapter legt Apple natürlich nicht bei. Mehr noch: Bei regelmäßigen Updates schließt man Ladekabel aus, die keine Zertifizierung tragen. Wer das als Kunde nicht so genau weiß, könnte sich dann schnell mal wundern, warum das Ladekabel ganz plötzlich den Dienst verweigert. Eine sehr ärgerliche Sache, zum Beispiel, wenn man gerade auf Reisen ist und nicht auf die Schnelle ein zertifiziertes Kabel bekommt. Ganz zu schweigen von dem Problem, ein zertifiziertes Lightning-Kabel auch zu erkennen.
Doch der neue Vorstoß der EU-Kommission könnte auch Apple zum Einlenken bringen, will der Konzern auch weiterhin in der EU Geräte verkaufen. Gerne tut man das freilich in Cupertino nicht und schießt erst einmal gegen die EU: Die Vereinheitlichung würde Investitionen verhindern. Wir meinen: Das Gegenteil ist der Fall. Innovationen entstehen immer dann, wenn Hersteller ein Produkt nach eigenen Vorstellungen weiterentwickeln kann. Beispielsweise in Form spezieller Ladestationen oder Halterungen mit Ladekabel für Autos. Es bleibt auf jeden Fall spannend. Eine Einigung auf eine einheitliche Norm jedenfalls wäre im Interesse der Kunden und würde auch beim Nutzer den Frust verringern. Allerdings könnte es auch bald gar keine Ladekabel mehr geben. Dann nämlich, wenn alle Hersteller einheitlich das kabellose Laden unterstützen würden.
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