Telefonica darf Positivdaten von Kunden nicht an Schufa weitergeben
Erstellt am 15.09.2023 von Mike Bauerfeind
Das Landgericht München I hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass der Mobilfunkanbieter Telefonica nach Abschluss eines Telekommunikationsvertrags keine Positivdaten von seinen Kunden an die Auskunftei Schufa übermitteln darf. Mit Urteil vom 25. April 2023 rügte das Gericht die Weitergabe als rechtswidrig und bewertete den individuellen Schutz personenbezogener Daten höher als das Interesse des Unternehmens (Az.: 33 O 5976/22). Das noch nicht rechtskräftige Urteil stellt aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer einen wichtigen Sieg für den Verbraucherschutz und den Schutz der Privatsphäre dar. Im November 2021 war nach Medienberichten bekannt geworden, dass die Schufa auch sogenannte Positivdaten sammelt, ohne dafür die Einwilligung der Kunden einzuholen. Die größten Mobilfunkanbieter wie Telefonica, Telekom und Vodafone hatten Vertragsdaten weitergeleitet. Das Landgericht München wertete diese Vorgehensweise als Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
[Werbung:] Dr. Stoll & Sauer empfiehlt Kunden von Mobilfunkanbietern generell die kostenlose Erstberatung im Online-Check. Hier wird überprüft, ob Daten ohne Einwilligung der Verbraucher an die Schufa weitergegeben wurden. Schadenersatz in Höhe von bis zu 5000 Euro sind möglich.
Gericht: Persönlicher Datenschutz wichtiger als Interessen des Unternehmens
Wer in Deutschland einen Mobilfunkvertrag abschließt, gibt viele persönliche Daten wie Name, Adresse und Geburtsdatum an den Anbieter weiter. Nach Recherchen aus dem Jahr 2021 von NDR und Süddeutscher Zeitung sammeln deutsche Auskunfteien wie die Schufa oder Crif Bürgel diese Daten ebenfalls seit 2018. Allerdings ohne die Einwilligung der Verbraucher. Nach weiteren Recherchen der Verbraucherzentral NRW haben zahlreiche Mobilfunkanbieter die Positivdaten weitergegeben. Die Verbraucherzentrale hat gegen diese Vorgehensweise am Landgericht München I gegen Telefonica geklagt und in erster Instanz am 25. April 2023 Recht bekommen. Die Kanzlei Dr Stoll & Sauer fasst die Umstände und das Verfahren selbst zusammen:
- Positivdaten sind Informationen, die bei jedem Vertragsschluss anfallen, wie beispielsweise die Art des Vertrags, das Datum des Vertragsabschlusses oder die Laufzeit des Vertrags. Sie enthalten keine Informationen über Zahlungsverhalten oder Zahlungsausfälle. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte gegen Telefónica geklagt, weil der Anbieter Positivdaten an die Schufa weitergegeben hatte, ohne die Einwilligung der Kunden einzuholen. Die Verbraucherzentrale sah in der Datenweitergabe einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
- Letztlich ging es um folgende Klausel im Vertrag von Telefonica: „Wir übermitteln zum Schutz der Marktteilnehmer vor Forderungsausfällen und Risiken personenbezogene Daten über die Beantragung, Aufnahme und Beendigung des Telekommunikationsvertrages (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Information über den Abschluss dieses Telekommunikationsvertrags, Referenz zum Vertrag) an die SCHUFA, wenn sich dahingehend aus den Verträgen eine hinreichende Relevanz ergibt (Art. 6 Abs. 1 DSGVO).“
- Das Landgericht München I ließ jedoch die Vorschriften der DSGVO nicht als ausreichende Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung gelten. Telefonica hätte auch problemlos ohne die Datenübermittlung, Verträge mit Verbrauchern abschließen können. Das Gericht bewertet das Interesse der Kunden am Schutz ihrer Daten höher als die Interessen des Unternehmens an der Übermittlung der Positivdaten an die Auskunftei.
- Das Landgericht München I gab der Klage der Verbraucherzentrale statt. Das Gericht befand, dass die Weitergabe von Positivdaten an die Schufa nicht gerechtfertigt ist, da diese Daten keine Rückschlüsse auf die Kreditwürdigkeit der Kunden zulassen.
- Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Telefónica hat Berufung eingelegt.
- Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf andere Branchen haben, in denen Positivdaten gesammelt werden, wie beispielsweise die Energiewirtschaft.
- Gegen die Telekom und Vodafone laufen weitere Verfahren, in denen die Verbraucherzentralen ebenfalls die Weitergabe von Positivdaten beispielsweise an die Schufa beanstandet haben.
- Das Urteil des Landgerichts München I ist ein wichtiges Signal für den Verbraucherschutz. Es stärkt das Recht der Verbraucher auf Privatsphäre und verhindert, dass unberechtigt Informationen über sie weitergegeben werden.
Was Telekom-, Telefonica- und Vodafone-Kunden tun sollten
Die Praxis der Datenweitergabe dauert nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung und NDR bereits seit 2018 an. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die meisten der seitdem abgeschlossenen Verträge eine Klausel zur Weitergabe der Positivdaten beinhaltet. Was können Kunden von Telekom, Telefonia und Vodafone jetzt tun?
- Zuerst muss festgestellt werden, ob der Mobilfunkanbieter tatsächlich Daten weitergegeben hat. Verbraucher hat mindestens einmal im Jahr das Recht auf eine kostenlose Selbstauskunft bei der Schufa. Aus dieser Auskunft wird dann erkennbar, ob Mobilfunkanbieter Vertragsdaten weitergeleitet haben. Ein solche Auskunft kann auch die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer für betroffene einholen.
- Als nächstes sollte der Vertrag mit dem Mobilfunkanbieter überprüft werden. Beinhaltet er womöglich eine rechtswidrige Klausel und ist es zur Weitergabe beispielsweise der Daten an die Schufa gekommen, besteht die Möglichkeit Schadensersatz einzufordern.
- Schadensersatz in Höhe von bis zu 5000 Euro sind bereits an deutschen Gerichten bei Verstößen gegen die DSGVO ausgeurteilt worden. Unserer Ansicht nach ist ein solche Summe auch in Fällen von rechtswidriger Weitergabe von Positivdaten vorstellbar.
- Natürlich lässt sich auch gegen jeden Mobilfunkanbieter Ansprüche auf Schadensersatz stellen, bei dem Verbraucher in den vergangenen Jahren Kunde waren.
Dr. Stoll & Sauer rät Kunden von Mobilfunkanbietern generell zur kostenlosen Erstberatung im Online-Check. Hier prüft die Kanzlei die Betroffenheit und gibt ihr Empfehlungen ab.
(Quelle: Presseportal)
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